Band 2
Kranz, Barbara
Das Antikenbild der modernen Türkei
1998. 317 Seiten – 155 x 225 mm. Kartoniert
ISBN 978-3-932004-71-1
Die Beschäftigung mit dem klassischen Altertum als heidnische und griechische Epoche innerhalb anatolischer Landesgeschichte mußte dem türkischen Muslim in osmanischer Zeit, aber ebenso dem der nationalstaatlichen Türkischen Republik als suspekte, ja abwegige Betätigung erscheinen. Entsprechend behandelt auch die Forschung das türkische Interesse am klassischen Altertum als vernachlässigbare Größe. Gegen alle historisch vorgegebenen Perspektiven hat sich aber im Gefolge geistiger Auseinandersetzung mit Europa schon in spätosmanischer Zeit ein reges Antikeninteresse entfaltet, das in der türkischen Moderne seine intensive und höchst eingentümliche Ausprägung fand. Es entstand eine geistesgeschichtliche Strömung, der sog. "Türk Hümanizmi", der mit Beginn der vierziger Jahre weite Kreise des Literatur- und Kulturlebens der modernen Türkei erfaßte. Die Begegnung mit der Antike führte zur nationalgeschichtlichen Eroberung der Epoche, zu Reisen und geistigen Fahrten, zur übersetzerischen Erschließung klassischer Autoren und Werke ebenso wie zu gesellschaftlichen Visionen und eigenständiger künstlerisch-literarischer Antikenrezeption. Die vorliegende Arbeit versucht, einen Eindruck zu geben vom Facettenreichtum und der Vielschichtigkeit, die das Phänomen des türkischen Humanismus ausmachten.