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Band 2

Sinai, Nicolai
Menschliche oder göttliche Weisheit?
Zum Gegensatz von philosophischem und religiösem Lebensideal bei al-Ghazali und Yehuda ha-Levi

2003. 115 Seiten – 170 x 240 mm. Kartoniert
ISBN 978-3-89913-312-7

 

26,00 EUR

Produkt-ID: 978-3-89913-312-7  

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Bereits 1877 hat David Kaufmann nachgewiesen, daß Yehuda ha-Levis Kritik an den islamischen Peripatetikern in wesentlichen Punkten al-Ghazalis Tahâfut al-falâsifa folgt. Doch eine thetische Detailkritik, welche die Inkohärenz des avicennischen Systems an einzelnen Lehrsätzen durchdekliniert, ist für beide Denker kein Selbstzweck: Sie dient einer grundsätzlicheren Infragestellung der Philosophie als Lebensideal - als einer Ethik des logon didonai, welche sich in der philosophischen Reflexion zwar manifestiert, jedoch nicht mit einem einzelnen philosophischen Lehrsystem oder Weltbild gleichzusetzen ist. Im Gegensatz zu al-Farabi und Avicenna, welche die Religion als begrifflich aufzuhebende Vorstufe der Philosophie verstehen, beschreiben Ghazali und ha-Levi das Verhältnis von Philosophie und Religion als einen Gegensatz. Zugleich konstruieren sie diesen Gegensatz im Rekurs auf Begriffe und Vorstellungen, welche den islamischen Peripatetikern entlehnt sind. Inwieweit gelingt es Ghazali und ha-Levi, mit diesem begrifflichen Instrumentarium ihre These von einem Konkurrenzverhältnis zwischen religiösem und philosophischem Lebensideal zu artikulieren? Wie werden die beiden Pole des Gegensatzes jeweils verstanden?
Die vorliegende Arbeit versucht zu zeigen, daß ha-Levi trotz seiner teilweisen Abhängigkeit von Ghazalis Tahâfut die Philosophie sehr viel grundsätzlicher als dieser in Frage stellt. Während sich hinter Ghazalis Lehre von einem der Philosophie überlegenen sufischen "Enthüllungswissen" ('ilm al-mukâšafa) häufig Versatzstücke der avicennischen Philosophie verbergen, macht ha-Levi geltend, daß die Personalität des offenbarungsreligiösen Gottesbegriffes eine konkrete Vorstellung davon voraussetzt, wie sich Gott nicht nur als höchstes Schöpfungsprinzip, sondern auch als anredendes Gegenüber manifestiert. An die Stelle der attributiven Theologie Avicennas und Ghazalis setzt er damit eine narrative Theologie, die Gott nicht mehr als ein durch allgemeine Begrifflichkeiten zu qualifizierendes Objekt auffasst, sondern erzählerisch seine Eingriffe in die menschliche Geschichte rekapituliert. Ha-Levi kehrt so die für einen Großteil des mittelalterlichen Denkens charakteristische Priorität des Begrifflichen über das Narrative um.

Both al-Ghazali and Yehuda ha-Levi engage in a detailed refutation of the philosophical system of Avicenna that aims to demonstrate its incoherence even by Avicenna's own standards of argumentation. Beneath their critique of particular philosophical theses, however, one can discern a more fundamental critique of philosophy as a way of living, as an ethos. Whereas Farabi and Avicenna view revealed religion as a preparatory stage of philosophy, Ghazali and ha-Levi describe the relationship of philosophy and religion as one of incompatibility and competition. At the same time, their conceptual resources are ultimately drawn from Islamic Aristotelianism. To what extent, then, do they succeed in appropriating these concepts in order to articulate a very different understanding of the nature of philosophy and religion? How do they portray the terms of the opposition thus established? The text attempts to show that ha-Levi is envisaging a much more radical alternative to philosophy than Ghazali, whose emphasis on a revelatory knowledge supposedly attained through Sufism, while consistently opposed to religious rationalism, often turns out to be a mere calque of peripatetic psychology and cosmology. Ha-Levi, on the other hand, maintains that the personal understanding of God inherent in revealed religion presupposes an idea of how God may be experienced not merely as a supreme cosmological principle, as it is the case for Ghazali, but as a 'Thou' that can be personally interacted with. Ha-Levi thus substitutes the attributive theology characteristic of both Avicenna and Ghazali with a narrative theology that recounts concrete instances of divine intervention in history. He thereby reverses the priority of the conceptual over the narrative that reigned supreme in much of medieval thought.